Umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen

Ein Dauerbrenner in der Beratungspraxis ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen. Die Finanzverwaltung hat dazu jüngst mitgeteilt, welche Punkte bei der Auswertung von Kontrollmitteilungen besonders zu beachten sind.

Vergütungen, die eine Körperschaft an die mit der Überwachung ihrer Geschäftsführung beauftragten Personen zahlt (Aufsichtsratsvergütungen), unterliegen auf der Ebene der Körperschaft einem hälftigen Abzugsverbot. Das ist geregelt in Paragraf 10 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Die Körperschaft muss in der Anlage WA (für weitere Angaben) zur Körperschaftsteuererklärung den Empfänger der Aufsichtsratsvergütung, die Höhe der geleisteten Vergütung, die darin enthaltene Umsatzsteuer und den Tag der Zahlung angeben. Im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten fertigen die Veranlagungsbezirke der Körperschaften regelmäßig Kontrollmitteilungen für die Wohnsitzfinanzämter der Aufsichtsräte.

Im Hinblick auf die umsatzsteuerliche Behandlung sind bei der Auswertung der Kontrollmitteilungen insbesondere die folgenden Aspekte zu beachten:

Unternehmereigenschaft

Einnahmen, die Steuerpflichtige aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beziehen, unterliegen als sonstige Leistung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Unerheblich ist, ob das Aufsichtsratsmitglied nach erfolgter Wahl, auf Grund eines Entsendungsrechts oder in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehört.

Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats jedoch aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig und dementsprechend kein Unternehmer im Sinne des Paragrafen 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Aufsichtsratsvergütung ist in solchen Fällen als Einnahme aus einer nicht selbständigen Tätigkeit nicht umsatzsteuerbar.

Bitte beachten: Die Vergütung kann sowohl in Geldzahlungen als auch in Sachzuwendungen bestehen.

Eine Festvergütung liegt insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind keine Festvergütung in diesem Sinne.

Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 Prozent der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen.

Tipp: Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 Prozent-Grenze nicht zu berücksichtigen.

Bei der Prüfung, ob die variablen Bestandteile im Geschäftsjahr der Gesellschaft mindestens 10 Prozent der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen betragen, sind nur die Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen, die für Leistungen gezahlt werden, die in dem betreffenden Geschäftsjahr der Gesellschaft ausgeführt werden. Maßgeblicher Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds ist der Ablauf des Geschäftsjahrs der Gesellschaft. Erhält ein Aufsichtsratsmitglied für die tatsächliche Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung Auslagenersatz und Sitzungsgeld, ist der maßgebliche Leistungszeitpunkt der Tag der Aufsichtsratssitzung.

In die Prüfung der 10 Prozent -Grenze sind als variable Vergütungsbestandteile die aller geplanten Sitzungen eines Geschäftsjahrs der Gesellschaft, unabhängig von der tatsächlichen Teilnahme des Aufsichtsratsmitglieds, mit einzubeziehen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der 10 Prozent-Grenze ist der Beginn des Geschäftsjahrs der Gesellschaft; nachträgliche Änderungen bleiben unberücksichtigt.

Das Mitglied eines Aufsichtsrats trägt nicht schon deshalb ein Vergütungsrisiko, weil seine Vergütung nachträglich für mehrere Jahre ausgezahlt wird.

Trägt das Mitglied des Aufsichtsrats kein Vergütungsrisiko, ist es nicht deshalb selbständig tätig, weil es unter den Voraussetzungen des Paragrafen 116 des Aktiengesetzes (AktG) für pflichtwidriges Verhalten haftet.

Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen, steht die Aufsichtsratstätigkeit in so engem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass sie als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen werden muss, auch wenn ein Vergütungsrisiko besteht.

Auch Teile der Vergütungen, die den Beamten und anderen Bediensteten nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen vom Dienstherrn belassen werden, sind ertragsteuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln. Für die Umsatzsteuer folgt hieraus, dass die in Betracht kommenden Beamten und anderen Bediensteten im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit nicht selbständig tätig werden und somit nicht als Unternehmer i. S. d. Paragrafen 2 Abs. 1 UStG beurteilt werden können.

Für Minister und Staatssekretäre gilt die vorstehende Regelung entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Bundes- oder einer Landesregierung einem Aufsichtsrat angehören und einer öffentlich-rechtlichen (Teil-)Abführungspflicht unterliegen.

Wird der o.g. Personenkreis auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung einer Gebietskörperschaft in einem Verwaltungsrat oder einem anderen Organ einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines Unternehmens eines anderen Rechtsträgers tätig, sind die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.

Kleinunternehmerregelung

Falls Aufsichtsräte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, ist die Einhaltung der Grenzen des Paragrafen 19 Abs. 1 UStG zu überwachen. Dabei sind neben einem reinen Umsatzanstieg auch andere Rechtsfolgen zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Gesamtumsatzes haben.

Beispiel: U ist ein unternehmerisch tätiges Aufsichtsratsmitglied einer AG. Seine Aufsichtsratsvergütung beträgt im Jahr 2020 12.000 €. Zusätzlich erzielt U nach Paragraf 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG steuerfreie Mieteinnahmen von jährlich 12.000 €. Da sein Gesamtumsatz 12.000 € beträgt, nimmt U die Kleinunternehmerregelung in Anspruch und stellt der AG für die Aufsichtsratstätigkeit keine USt in Rechnung. Im Jahr 2021 erhält U ebenfalls 12.000 € Aufsichtsratsvergütung. Zusätzlich verzichtet U nach Paragraf 9 UStG auf die Steuerbefreiung, so dass U umsatzsteuerpflichtige Mieteinnahmen erzielt.

Lösung: Die umsatzsteuerpflichtigen Mieteinnahmen sind bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes mit einzubeziehen. Der Gesamtumsatz beträgt im Jahr 2021 damit 24.000 €. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sind nach Paragraf 19 Abs. 1 UStG im Jahr 2021 erfüllt (Gesamtumsatz vorausgegangenes Kalenderjahr – 2020 – unter 22.000 € und Gesamtumsatz laufendes Kalenderjahr – 2021 – unter 50.000 €). U unterliegt mit seinen gesamten Umsätzen in 2022 der Regelbesteuerung.

Unberechtigt ausgewiesene Steuer

Aufsichtsräte, die trotz Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer gesondert ausweisen, schulden diese unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach Paragraf 14c Abs. 2 UStG. Dies gilt auch, wenn die Körperschaft die Umsatzsteuer in Gutschriften gesondert ausweist und das Aufsichtsratsmitglied den Gutschriften nicht widerspricht.

Die Finanzverwaltung hat insoweit intern geregelt: Wenn nach den Kontrollmitteilungen in den Aufsichtsratsvergütungen Umsatzsteuer enthalten ist, ist sicher zu stellen, dass die nach Paragraf 14c Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer erhoben wird. Auf Grund des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer muss zusätzlich der Veranlagungsbezirk der Körperschaft über den unberechtigten Steuerausweis informiert werden.

Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Ausführung steuerfreier und steuerpflichtiger Umsätze

Umfasst das Unternehmen neben der Aufsichtsratstätigkeit weitere Tätigkeiten und fällt die Aufsichtsratstätigkeit unter die Steuerbefreiung des Paragrafen 4 Nr. 26 Buchstabe a oder b UStG, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer (anteiligen) Kürzung des Vorsteuerabzugs (z. B. für PKW-Kosten, Kosten des Arbeitszimmers usw.) vorliegen.

Verzicht auf die Auszahlung der Aufsichtsratsvergütung

Zum Teil haben Körperschaften ihre Aufsichtsratsmitglieder, die auch als Arbeitnehmer für sie tätig sind (Vorstandsmitglieder, Führungskräfte), arbeitsvertraglich verpflichtet, ihre erhaltenen Aufsichtsratsvergütungen zu melden, damit eine Anrechnung dieser Vergütung bei der Auszahlung der Tantiemen vorgenommen werden kann.

Wird auf die Aufsichtsratsvergütung mit der Folge verzichtet, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist, stellt sich die Frage, ob dies zu einer unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (Paragraf 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG), führt.

Hierzu vertritt die Finanzverwaltung folgende Auffassung: Eine unentgeltliche Wertabgabe nach Paragraf 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG liegt nicht vor. Den Aufsichtsratsmitgliedern steht weiterhin eine Vergütung zu. Die Aufsichtsratstätigkeit ist somit grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet, ein Leistungsaustausch ist damit gegeben. Dieser Leistungsaustausch erfolgt im Rahmen des Unternehmens.

Es fehlt auch nicht an der Entgeltlichkeit. Als Entgelt ist die Gegenleistung, die der Empfänger einer sonstigen Leistung an den Unternehmer erbringt, anzusehen. Eine Vereinbarung, auf die Vergütung zu verzichten, hat gleichzeitig zur Folge, dass eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist. Diese unterlassene Kürzung der Tantiemen ist daher als Gegenleistung zu betrachten. Die Bemessungsgrundlage richtet sich somit nach der satzungsmäßigen Aufsichtsratsvergütung.