Beratungen zur Gestaltung von Ehegattentestamenten beginne ich meist mit der (Vor-)Frage ob es denn schon ein Testament gibt und wenn ja lasse ich es mir zeigen, wenn die Ehegatten es dabeihaben.
Sehr oft bekomme ich sinngemäß zur Antwort: „Eigentlich haben wir das alles schon geregelt, wir haben da so ein Berliner Testament aber…“
Was auch immer nach „aber“ kommt es ist selten das Hauptproblem. Insofern beginnt jetzt meine Arbeit damit, zunächst die vollständigen Familienverhältnisse inklusive wirklich aller Kinder aus allen aktuellen und früheren Beziehung und die Vermögensverhältnisse abzufragen.
Ohne Kenntnis aller Pflichtteilsberechtigten und ohne Kenntnis des Nachlasses ist eine vernünftige Nachlassplanung nicht möglich.
Sofern keiner der Ehegatten Kinder hat, können lediglich die Eltern der Ehegatten Ansprüche auf den Nachlass erheben. Es empfiehlt sich daher für kinderlose Ehepaare ein Testament zu machen, damit die Eltern als Erben ausscheiden. Diese könnten dann nur noch den Pflichtteil geltend machen, der allerdings nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
Hatte der Erblasser Kinder, fallen die Eltern als gesetzliche Erben automatisch weg.
Sobald Kinder vorhanden sind, empfiehlt es sich, testamentarische Regelungen zu treffen. Am häufigsten wird hier das sogenannte „Berliner Testament“ genutzt, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Die Kinder werden zu Schlusserben. So einfach das ist, so gefährlich ist es auch.
Erstes und bekanntestes Problem, ist die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tod des Erstverstorbenen durch alle oder auch nur eines von mehreren Kindern.
Diesbezüglich gibt es schon seit langem eine Lösung, die sogenannte Pflichtteilsstrafklausel. Sie besagt, dass wenn ein Kind nach dem Tod des Erstversterbenden nur den Pflichtteil geltend macht, bekommt es auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil. Mit Sinn und Unsinn derartiger Klauseln befasse ich mich in einem gesonderten Beitrag.
Freibeträge werden verschenkt
Die Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Alleinerben führt allerdings bei größeren Nachlässen zu steuerlichen Problemen, da es sich um zwei Erbfälle handelt. Zunächst muss der gesamte Nachlass vom überlebenden Ehegatten versteuert werden, während die Freibeträge der Kinder verschenkt werden. Nach dem Tod des Letztversterbenden wird der Nachlass dann noch einmal besteuert.
Ein weiteres, weitaus häufigeres Problem sind die im Alter drohenden Pflegekosten. Das gemeinsame oder „Berliner“ Testament soll eigentlich sicherstellen, dass der überlebende Ehegatte nicht gezwungen ist, das gemeinsame Haus zu verkaufen um die Erb- oder Pflichtteilsansprüche der Kinder zu erfüllen.
Was passiert aber, wenn der Ehegatte in ein Pflegeheim ziehen muss oder will?
Pflegekosten im Alter sind nicht zu unterschätzen
Die selbst zu tragenden Kosten für die Heimpflege steigen seit Jahren dramatisch. Sie schwanken zwischen den einzelnen Bundesländern und steigen insbesondere in Ost-West-Richtung. In vielen Großstädten liegen die monatlich selbst aufzubringenden Kosten inzwischen bei 2.500,00 bis 2.900,00 €. Die Tendenz ist weiter steigend. Bei diesen Preisen können die wenigstens Renten mithalten, zumal oft die Frauen, trotz Witwenrente schlechter versorgt sind aber länger leben.
Ist jetzt also ein Ehepartner mit „Berliner“ Testament verstorben und hat im Wesentlichen seine Miteigentumshälfte am gemeinsamen Haus hinterlassen, so muss das Haus in den meisten Fällen verkauft werden, um bei einem Einzug des überlebenden Partners in ein Pflegeheim die Kosten aufbringen zu können.
Möglicherweise ist das so gewollt, dann ist es auch in Ordnung. Oft ist es aber nicht gewollt, dann hätte man mit vernünftigen testamentarischen Reglungen dafür sorgen sollen, dass zumindest jetzt, die Kinder ihren Erbteil nach dem Tod des Erstversterbenden bekommen.
Wer jetzt meint, das Problem würde sich nicht stellen, da die Immobilie bereits vorab auf die Kinder übertragen wurde, der kann damit Recht haben. Das ist aber nicht zwingend. Auch hier kann es zu erheblichen Problemen kommen, was ich jedoch ebenfalls in einem eigenen Beitrag ausführe.
Es gibt allerdings noch zahlreiche weitere Probleme bei der Abfassung gemeinsamer Testamente. Insbesondere bei jüngeren Ehegatten mit kleineren Kindern muss der Fall des gemeinsamen Versterbens beider Eltern geklärt werden und gegebenen falls die Notwendigkeit einer Testamentsvollstreckung. Letzteres gilt auch, wenn der überlebende Ehegatte nicht Alleinerbe werden soll, da er dann gemeinsam mit Kindern eine Erbengemeinschaft bildet. Auch hier kann eine Testamentsvollstreckung sinnvoll sein.
Sofern der überlebende Ehegatte Alleinerbe ist, müssen Regelungen für den Fall der Wiederverheiratung getroffen werden. Weiterhin muss geregelt werden, ob und inwieweit der überlebende Ehegatte die Schlusserbeneinsetzung verändern darf.
Gewöhnlicher Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes maßgeblich
Zunehmend von Bedeutung ist auch die testamentarisch vorzunehmende Rechtswahl. Seit dem 17.08.2015 gilt die EUErbVO. Damit knüpft das Erbrecht nicht mehr an die Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt des Todes an, sondern an den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes. Wer also seinen Lebensabend lieber in Spanien verbringen möchte muss sich darüber im Klaren sein, dass für ihn dann spanisches Erbrecht gilt, sofern er nicht testamentarisch etwas Anderes verfügt hat.
Grundsätzlich ist bei der Abfassung des Testamentes eine fundierte anwaltliche Beratung unbedingt zu empfehlen, da die Aufklärung des tatsächlichen Willens nach dem Tod nahezu unmöglich ist.